Digitaler Euro: Mitte 2021 soll Entscheidung über Einführung fallen


Martin Fiedler

Zuletzt Aktualisiert: 2. Februar 2021

Zusammengefasst


Der digitale, (programmierbare) Euro ist auf dem Vormarsch. Im Rahmen eines Positionspapiers hat der "FinTechRat" in Deutschland sein Konzept vorgestellt. Gleichzeitig arbeitet die EZB bereits seit längerem am Projekt zur Einführung einer digitalen Währung innerhalb europäischen Union. Die offiziellen Ziele lauten: Effizienzsteigerung im Zahlungsverkehr, Automatisierung sowie der Ermöglichung von Micro Payments. Das Stichwort dabei ist die "Industrie 4.0". FINANZSACHE hat den offiziellen, 55-Seiten langen, "Report on digital Euro" unter die Lupe genommen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der programmierbare, Digitaleuro soll das Bargeld laut offiziellen Aussagen ergänzen, nicht ersetzen. Er soll zudem Smart Contracts-fähig sein.
  • Es handelt sich aktuell nur um Konzepte seitens der EZB und der EU, um für zukünftige Entwicklungen gewappnet zu sein.
  • Mitte 2021 soll entschieden werden, ob ein derartiges Projekt umgesetzt wird. Nicht näher definierte "Experimente" starten jedoch ab sofort; unabhängig von der finalen Entscheidung.
  • Bereits im Januar 2020 wurde eine "High-Level Task Force" der EZB mit dem CBDC (Central Bank Digital Currency)-Projekt betraut.
  • Noch immer werden 79% aller Transaktionen innerhalb der EU in Bargeld durchgeführt. Der Trend ist jedoch unübersehbar: So ist beispielsweise in den Niederlanden der Anteil an Bargeldtransaktion in den Jahren 2017 und 2019 von 32% auf 41% gesunken (Quelle: De Nederlandsche Bank).
  • COVID-19 wird mehrmals im "Report on a digital euro" der EZB als Treiber der Überlegungen genannt.
  • Die Gefahr von Cyber-Attacken auf das künftige EU-CBDC wird eingeräumt.
  • Durch strenge AML/CFT (Anti-Geldwäsche & Anti-Terrorismusfinanzierung)-Frameworks und Nachverfolgung von Zahlungsflüssen soll die illegale Verwendung des EU-Coins unterbunden werden.
  • Die Nutzung des digitalen Euros als Investment soll eingeschränkt werden, indem es Banken verboten wird, große Anteile in den digitalen Euro als Anlage einzutauschen.
  • Als Zahlungsgerät sind web-basierte Lösungen sowie "Smart Cards" in Überlegung. Letztere würden die Offline-Verwendung erlauben.
  • Es wird die Koexistenz von zwei Arten des digitalen Euro in Aussicht gestellt: Einer davon online, der andere offline und somit sicher vor Hacking-Angriffen.

Der digitale Euro, der keine Kryptowährung sein will

Nachdem man dem Stablecoin "Libra" (auch "Facebook-Coin") eine Abfuhr erteilt hat, geht man nun eigene Wege. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) gab am Montag, den 12. Oktober 2020 bekannt, dass man sich die Möglichkeiten eines digitalen Euros aktuell sehr genau ansehe.

Nicht zuletzt habe die Corona-Pandemie zu vielen Änderungen geführt "wie wir arbeiten, handeln und zahlen".

Damit folgt die Europäische Union aktuell einem Trend, der sich auch in anderen Ländern zunehmend bemerkbar macht. China arbeitet beispielsweise bereits auf Hochtouren an der Einführung eines digitalen Yen.

Zitat
"Europa gehört den Europäern und wir sind ihre Beschützer. Wenn es einen Bedarf geben sollte, sollten wir bereit sein, einen digitalen Euro auszugeben." Zitat von Christine Lagrade, Präsidentin der EZB

Der EZB ist es jedoch offensichtlich wichtig, sich von Kryptowährungen wie dem Bitcoin klar abzugrenzen. So ist auf der offiziellen Homepage zu lesen:

"Kryptowährungen sind fundamental anders als Zentralbankgeld: Preise von Kryptowährungen sind volatil, weil diese keinen intrinsischen Wert besitzen und es keine vertrauenswürdige Institution dahinter gibt."

Die Argumentation ist grundsätzlich richtig, jedoch darf man den intrinsischen Wert eines Euros seit dem Wegfall des Goldstandards ebenso zumindest anzweifeln. Grundsätzlich basiert so gut wie jede aktuelle, im Umlauf befindliche Währung, auf Vertrauen.

Der wichtigste Unterschied zu einer Kryptowährung wurde jedoch gar nicht erwähnt: Da es beim digitalen Euro eine überwachende, zentrale Entität gibt, ist Kryptografie hier gar nicht nötig.

Die Argumente der EZB zur Einführung eines Digitaleuro

Wir haben die wichtigsten Argumente der EZB zur Einführung eines Digital-Euros zusammengetragen. 

Dabei handelt es sich um die offiziellen Positionen aus dem "Report on a digital euro":

  • Das Eurosystem soll auf entsprechende Entwicklungen vorbereitet sein. Explizit wird auf Seite 11. des Reports darauf hingewiesen, dass ausländische Zentralbanken, welche deren digitales Geld auch Europäern zugänglich machen könnten, zu einer Instabilität des Euros führen könnte. Dem möchte man mit einer eigenen Lösung zuvorkommen.
  • COVID-19 hat die Art und Weise verändert, wie wir mit Zahlungen umgehen.
  • Es würde die internationale Rolle des Euros stärken.
  • Der digitale Euro würde das öffentliche Gut stärken: einfacher Zugang zu einer risikofreien, überall akzeptierten und vertrauensvoller Form der Zahlung.
  • Es würde helfen, die negativen Folgen von Katastrophen oder Pandemien abzufedern.
  • Micro-Payments unter Maschinen sollen ermöglicht werden. Angesprochen wird die fortschreitende Automatisierung in Richtung Industrie 4.0.
  • Transaktionen mit dem digitalen Euro sollen günstiger sein als es heute der Fall ist.
  • Die technische Basis soll so gestaltet werden, dass Der ökologische Fußabdruck im Zahlungssystem minimiert wird.

Risiken eines digitalen Zentralbankgeldes (CBDC)

Als Risiken des digitalen Euros wird Folgendes genannt:

  • Hackerangriffe und andere Attacke auf die technische Infrastruktur des CBCD könnten das Vertrauen in den Euro als Währung schwächen.
  • Es könnte zu einem Austausch von Währungen in Dritte Welt-Ländern kommen, wenn es zu einer, Zitat: "Euronisierung" in diesen Regionen kommt.
  • Reputationsverlust der EZB, wenn gesetzte Deadlines zur Einführung nicht eingehalten werden.

Bargeld soll trotz Digitalisierung erhalten bleiben

Trotz einer Digitalisierung des Zahlungsverkehrs soll Bargeld wie Banknoten und Münzen weiter erhalten bleiben:

Zitat
"Das Eurosystem wird sicherstellen, dass alle Bürger weiterhin Zugang zu Banknoten und Münzen im gesamten Euro-Raum behalten werden." Zitat auf ecb.europa.eu zum Digital-Euro

Die Bargeldabschaffung ist ein heikles Thema und wird von der Bevölkerung in der Regel negativ gesehen. Dessen ist sich auch die EZB bewusst, deshalb versucht diese, vermutlich präventiv, entsprechenden Sorgen Wind aus den Segeln zu nehmen.

Der digitale Euro ist aktuell nur ein Konzept

Auch wenn es mancherorts klingen mal, als wäre der Digital-Euro bereits in der Entwicklungsphase, so muss man dahingehend berichtigen, dass es sich aktuell nur um ein Konzept, eine Idee handelt.

Die EU hat folgende Eigenschaften festgelegt, welche eine digitale Währung erfüllen müsste:

  • Einfach Zugänglich
  • Sicher
  • Effizient
  • Datensicherheit/Privatsphäre
  • Rechtlich einwandfrei
  • Robust

So etwas wird sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen lassen. Auch ist davon auszugehen, dass die EU erst ein "Proof of Concept" in anderen Ländern abwartet.

In der Pressemitteilung gibt man allerdings zu verstehen, dass "Experimente", parallel zu Konsultationen und weiteren Ausarbeitung von Konzepten, gestartet werden sollen.

Kritik an der Digitalisierung von Zentralbankgeld

Keine Anonymität wie bei Bargeld

Die EZB stellt klar, dass Zahlungsflüsse mit dem digitalen Euro auch außerhalb der Landes- bzw. EU-Grenzen nachverfolgbar sein sollen, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorzubeugen.

Dies hat allerdings auch rechtliche Gründe. Während mit Bargeld anonym bezahlt werden darf, ist dies bei elektronischen Zahlungssystemen verboten.

In Abschnitt 5.1.2 des Reports sagt die EZB:

"Wenn die Identität eines Digital-Euro-Nutzers nicht im Vorfeld festgestellt werden würde, könnten die darauffolgenden Transaktionen anonym erfolgen. Obwohl dies aktuell bei Bargeld der Fall ist, verbieten entsprechende Regularien dies bei elektronischem Geld."

Das bedeutet im Klartext: Eine anonyme Nutzung des digitalen Euros wird es nicht geben und ein KYC-Verfahren wird verpflichtend sein. Allerdings heißt es weiter:

"Nach einer erstmaligen Verifzierung zur Nutzung der digitalen Euro-Services könnte es verschiedene Stufen der Privatsphäre zwischen Käufer und Verkäufer geben. [...] Die Überprüfung des datenschutzrechtlichen Aspekts könnte durch Audits Dritter und unabhängiger Parteien erfolgen."

Endgültige Bargeldabschaffung wird befürchtet

Auch wenn die EZB immer betont, dass es weiterhin Bargeld geben wird und es nicht geplant sei, dieses trotz eines Digitaleuros abzuschaffen, so sehen Experten einen unaufhaltsamen Trend, der in eine bargeldlose Gesellschaft münden wird.

Volle Kontrolle durch eine Institution

Was ebenfalls nicht unterschätzt werden darf ist die theoretische, alleinige Macht einer zentralen Organisation über die Zahlungsfähigkeit einer Person. Dies mag in Demokratien und einem Rechtsstaat ein mehr theoretisches denn tatsächliches Problem sein.

Dennoch ist die Installierung einer digitalen Währung, welche von einer zentralen Institution kontrolliert wird, mit Risiken verbunden. Sollten sich die politischen Machtverhältnisse eines Tages ändern und totalitäre Systeme die Oberhand gewinnen, wäre es ein Leichtes, einzelnen Personen die Möglichkeit der Teilnahme am Zahlungssystem zu nehmen.

  • Quellen

    [1] https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ecb.pr201002~f90bfc94a8.en.html
    [2] https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/Report_on_a_digital_euro~4d7268b458.en.pdf
    [3] https://www.ecb.europa.eu/euro/html/digitaleuro.en.html
    [4] https://www.ecb.europa.eu/press/blog/date/2020/html/ecb.blog201002~12ab1c06b5.en.html
    [5] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/2020-07-08-fintechrat-digitaler-euro.html

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Dieser Artikel wurde erstmals am 16. Oktober 2020 veröffentlicht und am 2. Februar 2021 aktualisiert.
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